Therapie: Wie werden Kinder und Jugendliche mit einer autoimmunhämolytischen Anämie (AIHA) behandelt?

Autor:  PD Dr. med. Joachim Kunz, Zuletzt geändert: 06.03.2023 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e106750

Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit einer autoimmunhämolytischen Anämie (AIHA) hängt besonders von der Art der AIHA (siehe Erkrankungsformen) ab. Sie dient zum einen der Beeinflussung der gestörten Abwehrreaktionen, die einer AIHA zugrunde liegen (siehe Ursachen). Darüber hinaus muss die Blutarmut (Anämie) eines Patienten mit Bluttransfusionen behandelt werden, wenn dieser gesundheitliche Probleme durch den Mangel an roten Blutkörperchen zeigt (siehe Krankheitszeichen). Bei der AIHA vom Wärmetyp (siehe Erkrankungsformen) werden regelmäßig Bluttransfusionen und auch Behandlungen mit Medikamenten (siehe unten) notwendig. Bei Kindern, bei denen die AIHA durch so genannte Kälteantikörper ausgelöst wurde (siehe Erkrankungsformen), kann es manchmal genügen, die Kinder vor Kälteeinwirkung zu schützen.

Bluttransfusionen (Gabe von Erythrozytenkonzentraten)

Bei einer schnell einsetzenden Blutarmut durch Hämolyse können Bluttransfusionen, also die Gabe von roten Blutkörperchen (Erythrozytenkonzentrat), lebensrettend sein. Der Patient erhält dabei über eine Vene (meist in der Ellenbeuge) gesunde rote Blutkörperchen von einem gesunden Spender. In der Regel werden Bluttransfusionen erst dann verabreicht, wenn ausgeprägte Krankheitszeichen (siehe Krankheitszeichen) vorliegen und wenn der rote Blutfarbstoff (Hämoglobin) stark unter den Normalwert abfällt. Dieser Normalwert hängt jeweils vom Alter des Kindes ab. Außerdem können die Krankheitszeichen der Blutarmut von Kind zu Kind unterschiedlich sein. Deshalb sollte immer ein erfahrener Kinderarzt entscheiden, ob und wann eine Bluttransfusion bei einem Kind mit AIHA notwendig ist.

Beeinflussung des gestörten Abwehrsystems mit Medikamenten

Die wirksamste und am häufigsten angewendete medikamentöse Behandlung der AIHA vom Wärmetyp (siehe Erkrankungsformen) ist die Gabe von Kortikosteroiden, umgangssprachlich "Kortison". Spricht die Erkrankung jedoch auf diese Behandlung nicht ausreichend an, kommen weitere Medikamente und Behandlungsmethoden in Frage. Im Folgenden werden die verschiedenen Behandlungen erläutert:

Gabe von Kortikosteroiden

Kortikosteroide (z. B. „Prednison“, „Prednisolon“, „Dexamethason“) sind die Medikamente der ersten Wahl für Kinder und Jugendliche mit einer AIHA vom Wärmetyp. Diese Substanzen wirken, indem sie den Abbau roter Blutkörperchen bremsen. Darüber hinaus können sie auch die Bildung von Abwehrstoffen (Antikörper) gegen die eigenen Erythrozyten unterdrücken. Kortikosteroide können bei Kindern und Jugendlichen mit AIHA über eine Vene (intravenös, i.v.) oder zum Schlucken (per oral, p.o.) gegeben werden. Diese Verabreichungen müssen wiederholt, oft über Monate, erfolgen. Wenn die Medikamentendosis langsam verringert und beendet werden kann, ist die Erkrankung erfolgreich behandelt.

Kortikosteroide haben auch unerwünschte Nebenwirkungen. So kann es beispielsweise während und nach der Behandlung mit diesen Arzneimitteln zu Störungen des Zuckerhaushalts (Steroiddiabetes) kommen. Ebenfalls sind Hormonschwankungen möglich, die sich in Wachstums- und Blutbildungsstörungen, Stimmungsschwankungen sowie einer starken Gewichtszunahme, besonders am Rumpf und im Gesicht (Cushing-Syndrom), äußern können. Aufgrund dieser Nebenwirkungen wird die Dosis so gering und die Dauer der Behandlung so kurz wie möglich gehalten.

Behandlungsmöglichkeiten, wenn die AIHA auf die Behandlung mit Kortikosteroiden nicht anspricht

Wenn die Behandlung mit Kortikosteroiden nicht zum Erfolg führt, besteht die Blutarmut fort und erfordert anhaltend Transfusionen, oder es kommt zu Rückfällen der AIHA während der Dosisreduktion. Auch schwere Nebenwirkungen der Medikamente (siehe oben) können den Behandlungserfolg gefährden. In diesen Fällen werden weitere Behandlungsmöglichkeiten in Erwägung gezogen. Zu diesen gehören

  • kurzzeitige Gaben von hochdosierten Kortikosteroiden wie Dexamethason oder auch deren Kombination mit anderen Medikamenten, die die Aktivität des Abwehrsystems unterdrücken (z. B. Chemotherapeutika wie Azathioprin und Cyclophosphamid oder Immunsuppressiva wie Rituximab und Cyclosporin)
  • Gabe von Immunglobulinen – dabei handelt es sich um bestimmte Antikörper, die von Blutspendern gewonnen wurden und die den Abbau der roten Blutkörperchen des Patienten verlangsamen können
  • operative Entfernung der Milz zur Verringerung des gesteigerten Abbaus der roten Blutkörperchen