Krankheitsbild: Was ist eine Hämophilie?

Autor:  PD Dr. med. G. Tallen, Zuletzt geändert: 01.04.2020 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e131145

Die Hämophilie wird im Volksmund auch Bluterkrankheit genannt. Der Begriff "Hämophilie" hat seine Ursprünge im Griechischen und bedeutet Blutneigung. Es handelt sich hierbei um eine angeborene beziehungsweise erbliche Störung der Blutstillung (Blutgerinnung), bei der ungenügende Mengen bestimmer Eiweiße (Gerinnungsfaktoren) gebildet werden, die für eine gesunde Blutgerinnung notwendig sind (siehe Ursachen).
Es gibt zwei Formen der Hämophilie (siehe Erkrankungsformen):

  • "Hämophilie A": Bei den Patienten liegt ein Mangel des so genannten Gerinnungsfaktors VIII (acht) vor
  • "Hämophilie B" Bei der selteneren Form ist die Bildung des Gerinnungsfaktors IX (neun) gestört.

Bei einer normal funktionierenden Gerinnung bildet der Körper nach der Verletzung eines Blutgefäßes ein Blutgerinnsel und die Blutung stoppt. So kommt es nicht zu gesundheitsschädigenden Blutverlusten oder gefährlichen Einblutungen in bestimmte Körperregionen, sondern zu einer zeitgerechten Blutstillung und normalen Wundheilung.

Bei Kindern und Jugendlichen mit einer Hämophilie (so genannte "Hämophile" - der Begriff "Bluter" wird heute als unsachlich angesehen) schließt sich eine Wunde jedoch nicht vollständig und auch nicht schnell genug. Die Patienten neigen daher vermehrt dazu, nach einer - wenn auch nur sehr kleinen - Verletzung stärker zu bluten. Diese Blutungen dauern in der Regel auch länger als bei gesunden Gleichaltrigen und gehen mit einer schlechten Wundheilung einher.

Das Auftreten von Hämatomen (blauen Flecken) ist bei vielen Patienten das erste Krankheitszeichen. Nicht selten sind die Hämatome so ausgeprägt, dass der Verdacht auf eine Misshandlung entsteht. Viele Patienten leiden später an wiederholten Einblutungen in die großen Gelenke (Ellenbogengelenk, Knie, Sprunggelenk, Hüfte), die dadurch oft schmerzhafte Veränderungen und Bewegungseinschränkungen erfahren (siehe Krankheitszeichen). Hämophile neigen nicht nur vermehrt zum Bluten nach Verletzungen, sondern auch zu spontanen Blutungen und Wundheilungsstörungen.

Patienten mit einer Hämophilie leiden an erblichem Gerinnungsfaktormangel und dadurch zeitlebens an einer verminderten Gerinnungsfähigkeit des Blutes. Sie neigen dazu, nach Verletzungen und auch spontan mehr und länger zu bluten als Gesunde.

Die Behandlung der Erkrankung und ihrer Komplikationen wurde allerdings in den letzten Jahren dank großer medizinischer Fortschritte kontinuierlich verbessert (siehe Diagnose und Behandlung). Wenn die Krankheit frühzeitig erkannt und fachgerecht behandelt wird, können viele Komplikationen vermieden werden und die Patienten eine normale Lebenserwartung haben (siehe Prognose).
Eine Voraussetzung ist, dass sie von einem spezialisierten Behandlungsteam betreut werden, welches eng mit Haus- und Kinderärzten zusammenarbeitet. Ebenso entscheidend für einen günstigen Verlauf sind ein umfassendes Wissen und die aktive Mitarbeit seitens der Betroffenen und ihrer Angehörigen.