Ursachen: Wie entsteht das Shwachman-Diamond-Syndrom?
Autor: S. Mellor-Heineke, Dr. med. C. Zeidler, Zuletzt geändert: 26.02.2024 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e275428
Das Shwachman-Diamond-Syndrom ist eine ribosomale Erkrankung, die genetisch bedingt ist.
Das Ribosom, ein Zellbestandteil (Zellorganell), ist die Eiweißfabrik des Körpers. Ribosome „lesen“ beziehungsweise übersetzen (Translation) mithilfe des genetischen Codes Informationen, die in der Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) gespeichert sind und können so Eiweiße „bauen“. Beim Shwachman-Diamond-Syndrom hingegen werden Ribosome nicht richtig zusammengesetzt, infolgedessen fehlen Eiweiße (Proteine). Diese sind unter anderem für die Erstellung von Aminosäuren notwendig, aus denen beispielsweise Antikörper zur Immunabwehr oder Hormone und Enzyme gebildet werden.
Shwachman-Bodian-Diamond Syndrom (SBDS)-Protein
Ursache des SDS ist eine Mutation bei der Zusammensetzung des 80S-Ribosoms. Diese Mutation wird im Folgenden erklärt:
Ribosome bestehen aus Untereinheiten, die durch einen bestimmten Vorgang zusammengesetzt werden. Ein funktionierendes Ribsosom, das sogenannte aktive Ribosom 80 S, (S ist eine Massenangabe) muss zunächst aus 2 Untereinheiten, der 40 S- und der 60 S-Untereinheit zusammengesetzt werden. Hierfür spielt das Shwachman-Bodian-Diamond Syndrom-Protein (SBDS-Protein) (neben anderen Proteinen wie EFL1, DNAC21 und SRP54) eine zentrale Rolle: Das SBDS-Protein spaltet ein weiteres Protein, das elF6- (elongation factor 6) von der 60 S Untereinheit ab. Erst durch diese Abspaltung ist ein Zusammensetzen der beiden Untereinheiten zum aktiven, funktionsfähigen 80 S-Ribosom möglich.
Beim Shwachman-Diamond-Syndrom kommt es durch die Mutation im SBDS-Gen zu einer Verminderung des SBDS-Proteins und somit zu einer verminderten Zusammensetzung aktiver 80S-Ribosomen. Da Ribosomen in allen Körperzellen vorhanden sind, können bei dieser Erkrankung viele verschiedene Organsysteme betroffen sein.
Das SBDS-Gen liegt auf Chromosom 7. Bei der Mehrzahl der SDS-Patienten kann eine compound-heterozygote Mutation im SBDS- Gen (beide Allele des Gens tragen unterschiedliche Mutationen) nachgewiesen werden. Bis auf wenige Ausnahmen tragen alle Patienten die SBDS-Gen-Variante c.258+2T>C, meistens in Kombination mit der Gen-Variante c.183-184TA>CT. Die Vererbung folgt einem autosomal-rezessivem Erbgang. Das bedeutet, dass die Eltern der Patienten in der Regel gesunde Merkmalsträger der Erkrankung sind, also mutierte Gene besitzen, aber nicht erkrankt sind. Bei jeder Schwangerschaft beträgt das Risiko 25 %, ein Kind mit SDS zu bekommen.
Bei einigen wenigen Patienten mit klinischen Merkmalen eines Shwachman-Diamond-Syndroms (SDS- like oder SDS-Phänotyp) finden sich keine Mutationen im SBDS-Gen. Bei einem Teil dieser Patienten können Mutationen in anderen Genen wie EFL1, DNAJC21, oder SRP54 -Gen nachgewiesen werden.
Gut zu wissen: Eine genetische Untersuchung zum Nachweis der ursächlichen Genveränderung ist auch für die Familienplanung wichtig. Im Laufe des Lebens sind weitere genetische Untersuchungen zur Früherkennung von Leukämien sinnvoll.