Krankheitsbild: Was ist eine Hämochromatose?

Autor:  Dipl. med. Bernhard Eisenreich, PD Dr. medm. habil Gesche Riabowol, Zuletzt geändert: 21.08.2024 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e277202

Der Begriff «Hämochromatose» wurde von dem deutschen Pathologen Friedrich Daniel von Recklinghausen geprägt. Er fasste die Beobachtungen französischer Ärzte, insbesondere von Armand Trousseau, zusammen. Die weitere Aufklärung der Erkrankung führte zur eindeutigen Definition des Krankheitsbildes. Hämochromatose wird durch eine fortschreitende Eisenspeicherung (Eisenakkumulation) im Körper verursacht und führt schließlich zu Multiorganschäden hauptsächlich an Leber, Gelenken, Bauchspeicheldrüse, Herz und endokrinen Drüsen. Die überhöhte Eisenakkumulation ist stets auf eine falsch regulierte (dysregulierte) Eisenaufnahme im Verdauungstrakt zurückzuführen.

Mit der Entdeckung des «Hämochromatose-GenHFE im Jahre 1996 wurde die Vermutung eines genetischen Zusammenhangs endgültig bestätigt4. Mit der Entdeckung und Erstbeschreibung des zentralen eisenregulatorischen Eiweißes (Proteins), Hepcidin, wurde die Wissenslücke über die Ursachen einer Hämochromatose geschlossen.

Hepcidin reguliert im Darm, wie viel Eisen aus der Nahrung in den Körper aufgenommen wird. Wird zu wenig funktionsfähiges Hepcidin gebildet, wird mehr Eisen aus dem Darm aufgenommen. Die Gendefekte, die bisher entdeckt wurden, bewirken zumeist eine verminderte Produktion von Hepcidin. Es gibt aber auch Störungen, die die Aktivität von Hepcidin heruntersetzen. In allen Fällen wird jedoch mehr Eisen in den Blutkreislauf aufgenommen, als für die Blutproduktion erforderlich ist.

In einer ersten Stufe der Erkrankung führt diese unregulierte Eisenzufuhr zunächst zu einer erhöhten Eisensättigung des Transferrins. Transferrin transportiert Eisen in Zellen wie den Vorstufen der roten Blutkörperchen im Knochenmark. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Anreicherung von Eisen in den Parenchymzellen verschiedener Organe.

Dies führt zur

Die blutbildende Aktivität des Knochenmarks ist nicht beeinträchtig.

Der beschriebene Erkrankungsmechanismus ist stets auf eine verminderte Bildung beziehungsweise Synthese oder eine verminderte Aktivität von Hepcidin zurückzuführen.

Eine Hepcidin-Insuffizienz kann durch eine Veränderung des Hepcidin-kodierenden HAMP-Genes oder durch Mutationen verursacht werden, die das Zusammenwirken von Hepcidin mit dem die Zellwände durchwandernden Eisenexportproteins Ferroportin (FPN) behindern6. Weitaus am häufigsten, in etwa 80 % der Fälle, ist die Hämochromatose jedoch auf Mutationen in Genen zurückzuführen, die die Hepcidinsynthese regulieren, allen voran das bereits erwähnte HFE-Gen.

Ungeachtet aller Unterschiede verursachen diese Genmutationen dasselbe Krankheitsbild, da die Auswirkungen der Eisentoxizität auf den Körper identisch sind. Die krankheitserzeugende (pathogene) Grundlage aller Hämochromatose-Formen sind entweder ein Mangel oder eine verminderte Aktivität von Hepcidin3.